Corona hat uns nicht nur Einschränkungen gebracht, sondern auch neue Optionen. Die Möglichkeit, sich schnell und unkompliziert in großer Zahl zusammenzufinden, ohne das Haus verlassen zu müssen. Live und direkt. Mit einem einzigen Klick geht’s mittenrein in eine von vielen Diskussionen über alles, worüber sich diskutieren lässt. Politik, Wirtschaft, Sport, Musik, Schminktipps, Gossip. Clubhouse macht es möglich. Aber ist Clubhouse nicht ein Audiospielplatz für Amateure? Ein digitaler Veranstaltungsraum, der uns ein bisschen das Gefühl gibt, doch noch verbunden zu sein. Ein wenig zwischenmenschliche Wärme in einer kälter gewordenen Corona-Welt. Dass man dafür Zugriff auf private Daten gewähren muss? Nun ja, irgendeinen Haken gibt’s ja immer.
Clubhouse: Schlecht gemachte Talkrunden
Was mich allerdings als Radiomacherin am meisten verblüfft, ist die Tatsache, wie unfassbar dilettantisch und handwerklich schlecht einige Talkrunden daherkommen. Wenn ich als Moderatorin so etwas Unterirdisches abliefern würde: Die Hörerinnen und Hörer würden reihenweise verärgerte E-Mails schreiben oder Kommentare posten. Alles, was ich bislang auf Clubhouse oder Spaces (das Äquivalent auf Twitter) gehört habe, waren Menschen, die gelabert haben. Einfach öde gelabert. Meist recht unbeholfen, wenig eloquent und schon gar nicht unterhaltsam. Und trotzdem war das Publikum in vielen Räumen zahlreich, vor allem wenn die Sprecher:innen einen Promi-Status in den sozialen Netzwerken besaßen. Viele von ihnen habe ich in diesen Clubhouse-Sessions zum ersten Mal überhaupt gehört und hätte ihnen am liebsten gesagt: „Leute, bitte bleibt beim geschriebenen Wort. Eure Stimmen taugen nicht fürs Audioformat.“ Mir hat diese Erfahrung mal wieder gezeigt, wie wichtig Stimme ist, wenn man den Menschen selbst nicht sehen kann.
Was bleibt, ist die große Frage: Was fasziniert die Leute bloß so an diesen Amateur-Formaten? An diesem Offenen Kanal für die, die glauben „Einfach mal drauflos quatschen, das kann doch jeder?“. Ist es der Wunsch nach Nähe und Gemeinsamkeit? Der Wunsch, auch mal richtig live dabei zu sein, wenn die Großen und Berühmten sich unterhalten? Und vielleicht sogar mitreden zu können? Wenn das die Motivation sein sollte, dann kann ich nur empfehlen: Versucht es doch bitte einfach mal mit dem Original! Mit professionell gemachtem Radio und mit Moderator:innen, die sich nicht durch eine Gesprächsrunde stammeln, sondern sie gut und unterhaltsam führen können. Weil sie das gelernt haben! Und im Zweifel haben die übrigens auch noch die netteren Stimmen, glaubt’s mir. Der Einwand „Im Radio kann ich aber gar nicht mitreden!“ gilt nicht. Denn das könnt ihr. Besser sogar als auf Clubhouse und Co.
Besser das Original hören!
Die Beteiligungsmöglichkeiten dort sind im Grunde nämlich nur scheinbare. Wer Speaker:in ist, der spricht. Und will sich in erster Linie mitteilen und darstellen. Und der Rest hört zu, wenn er nicht ausnahmsweise mal zum Podium zugelassen wird. Ist bei mir im Radio alles ein bisschen anders. Mir kann man schreiben, vor – während – und nach der Sendung. Per Mail, per Posting, per SMS. Und ich antworte. Persönlich. Mich kann man während der Sendung sogar anrufen und wenn es wichtig ist, geht es live in die Show. In bester Audioqualität und nach Profi-Standards. Programm-Machen ist für mich keine Einbahnstraße, sondern ein Gemeinschaftsprodukt. Also beim nächsten Mal vielleicht doch besser das Original und nicht die Club-Space-Amateur-Version. Ich würde mich freuen!
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