Als ich angefangen habe, Radio zu machen, waren ‚Talksendungen‘ für mich das höchste Level dessen, was ich mir als Moderatorin vorstellen konnte. Und etwas, das damals für mich noch in weiter Ferne lag, weil ich einen riesigen Respekt vor diesem Format hatte. Ein guter Talk galt als Königsdisziplin im Radiojournalismus. Für mich ist das auch heute noch so.

Guter Talk ist Königsdisziplin

Einem Menschen eine Stunde lang (oder auch mehr) im Gespräch gegenüber zu sitzen, das ist eine besondere Herausforderung. Sich mit ihm austauschen zu können, ihn einer breiten Zuhörerschaft näher zu bringen, ihn selbst und seine Ansichten kennenzulernen und manchmal auch kontrovers zu diskutieren, das kann anstrengend sein. „Warum eigentlich?“, werden da jetzt vielleicht einige fragen. Jemandem ein paar Fragen zu stellen, das kann doch nicht so schwierig sein. Außerdem haben die Moderator:innen doch ihre Redaktionen, die ihnen die Gespräche vorbereiten. Oder etwa nicht? Ja, es gibt diese Talks, die redaktionell so ausführlich vorbereitet werden, dass man die Fragen und auch die jeweiligen An- und Abmoderationen nur noch abzulesen braucht.

Guter Talk ist Königsdisziplin
Talk ist eine Königsdisziplin. Im Gespräch mit der Bestseller-Autorin Florence Brokowski-Shekete.

Moderationen ablesen geht gar nicht

Moderationen einfach abzulesen, halte ich allerdings für einen journalistischen Offenbarungseid. Weil ein Talk nach meinem Empfinden nur dann gelingen kann, wenn ich als Moderatorin meinen Talkgast wirklich kennenlernen will. Dazu gehört die inhaltliche Vorbereitung ganz selbstverständlich dazu. Das Lesen von Büchern, Artikeln und Dossiers. Und auch das Konzipieren und Aufsetzen eines Talk-Skripts, weil ich mich während des Schreibens noch einmal in ganz besonderer Weise mit meinem Gast auseinandersetze. Das Skript ist übrigens immer auch eine Art Talk-Drehbuch. Und dieses Drehbuch ist dann gelungen, wenn die Zuhörer die Dramaturgie dahinter als vollkommen organische, spontan klingende Gesprächssituation wahrnehmen.

Einen guten Talker macht Empathie aus

Einen guten Talker macht Empathie aus. Verbunden mit einem echten Interesse an Menschen und einer gewissen Lebenserfahrung, die ich manchmal auch als Lebensklugheit bezeichne. Jemanden wirklich sehen zu wollen, mit all seinen Facetten ohne sich selbst in den Vordergrund spielen oder sich produzieren zu wollen, das ist die Kernkompetenz eines guten Talk-Moderators. Ich selbst versuche, all das in meinen Talksendungen zu beherzigen und hoffe, dass mir das im Laufe der Jahre immer besser gelungen ist und auch weiterhin gelingen wird. „Ich habe mich bei Ihnen gut aufgehoben gefühlt!“, das ist für mich als  Moderatorin das schönste Lob, das ich von meinen Gästen bekommen kann.